Wie funktioniert das Bausparen?
Der Traum vom Eigenheim ist bekanntlich allgegenwärtig, die Erfüllung scheitert oftmals aber am Geld. Deshalb hat das Land vor fast 10 Jahren mit dem Bausparen die einzigartige Möglichkeit geschaffen, den Bau, Kauf oder die Wiedergewinnung der eigenen 4 Wände zu finanzieren. Details zum Bausparen verrät Joachim Mair, der Abteilungsleiter Retail in der Generaldirektion der Südtiroler Sparkasse, im Experten-Interview.
Was kann man sich unter Bausparen vorstellen?
Joachim Mair: Bausparen ist das vom Land Südtirol geförderte Modell, das die Vorteile eines Zusatzrentenfonds mit jenen eines Darlehens zu einem günstigen Zinssatz kombiniert.
Wie funktioniert das Bausparmodell?
J. M.: Wenn Sie seit mindestens 8 Jahren an einem vertragsgebundenen Zusatzrentenfonds beteiligt und seit mindestens 5 Jahren ohne Unterbrechung in Südtirol ansässig sind, wobei es auch noch andere Voraussetzungen zu erfüllen gilt, können Sie ein Darlehen zu bevorzugten Bedingungen beantragen, um Ihre Erstwohnung zu kaufen, zu bauen oder zu renovieren. Das Bausparen kann mit anderen Finanzierungsmöglichkeiten und Wohnbauförderungsmaßnahmen kombiniert werden. Das Bauspardarlehen, das normalerweise mit einer Hypothek besichert ist, erhält man nach der positiven Kreditprüfung seitens einer konventionierten Partnerbank zu einem fixen Zinssatz von einem Prozent und bis zum Doppelten des Kapitals, das sich im Zusatzrentenfonds befindet. Öffentlich Bedienstete erhalten aufgrund der Einschränkungen bei der Einzahlung der Abfertigung in den Fonds ein Darlehen bis zum Dreifachen. Die maximale Höhe des Darlehens beträgt 150.000 Euro für Einzelpersonen sowie 250.000 Euro für Eheleute und Paare in eheähnlichen Beziehungen.
Gibt es verschiedene Bausparmodelle in Südtirol oder nur ein einziges?
J. M.: Es gibt nur ein einziges Bausparmodell. Dieses wird von den konventionierten Partnerbanken, wie u. a. von der Südtiroler Sparkasse, unterstützt und mitgetragen.
Wer sollte sich Ihrer Meinung nach für das Bausparen interessieren?
J. M.: Sagen wir es so: Jeder von uns sollte in einen Pensionsfonds einzahlen bzw., wenn irgendwie möglich, sollten die Eltern bereits nach der Geburt ihrer Kinder eine Position für diese eröffnen. Je früher mit dem Einzahlen begonnen wird, umso schneller hat man mit mindestens 15.000 Euro eine Voraussetzung, um ein Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Sollte es beispielsweise bereits mit 22 Jahren soweit sein, dass jemand eine Erstwohnung erwerben möchte, scheitert es meist daran, dass der Antragsteller nicht seit mindestens 8 Jahren in einem Zusatzrentenfonds eingeschrieben ist. Für einen Zusatzrentenfonds ist es nie zu spät, und zudem kann das Bauspardarlehen bis zu einem Alter von 65 Jahren in Anspruch genommen werden.
Welche Vorteile bringt dieses Modell?
J. M.: Das Bausparmodell bringt 2 große Vorteile: Zum einen bauen Sie sich eine Zusatzrente auf und sichern sich damit Ihren künftigen Lebensabend ab, da die staatlichen Pensionszahlungen zu niedrig ausfallen werden. Zum anderen haben Sie die Möglichkeit, einen günstigen Kredit zum Kauf bzw. zur Wiedergewinnung Ihres Eigenheims zu erhalten. Das Bauspardarlehen mit einem Fixzins von einem Prozent kann eine Laufzeit von bis zu 20 Jahren aufweisen. Sie können jährlich bis zu 5164,57 Euro der in den Zusatzrentenfonds eingezahlten Beträge von Ihrem steuerpflichtigen Einkommen absetzen. Das Bausparen kann auch für Ihre Kinder oder andere zulasten lebende Familienmitglieder genutzt werden, indem Sie in einen Zusatzrentenfonds einzahlen und die steuerliche Absetzbarkeit für sich geltend machen.
Wie hoch muss angespart werden, um beispielsweise ein Darlehen von 100.000 Euro zu bekommen?
J. M.: Für das Bauspardarlehen gilt folgende Grundregel: Sie können, so wie bereits betont, ein Darlehen in maximal doppelter Höhe oder in dreifacher Höhe im Fall öffentlicher Bediensteter des im konventionierten Zusatzrenditenfonds angesparten Kapitals beantragen. Somit müssen öffentlich Bedienstete mindestens 33.334 Euro und alle anderen 50.000 Euro angespart haben, damit sie Anrecht auf ein Bauspardarlehen von 100.000 Euro haben.
Welches Risiko steckt hinter dem Bausparen?
J. M.: In meinen Augen birgt das Bauspardarlehen für den Antragsteller keine Risiken. Auch im Hinblick auf die Fixverzinsung von einem Prozent ist es laut derzeitiger Zinslage auf dem Markt kaum vorstellbar, dass die Marktzinsen unter dieses Niveau sinken werden und damit dieser Zinssatz nicht mehr so interessant wäre.
Hat man das Südtiroler Modell vom Ausland kopiert?
J. M.: Nein, es handelt sich um ein Südtiroler Modell, das es weder in anderen Provinzen Italiens noch im Ausland gibt. Ähnlich wie das Projekt Bausparen lancierte hingegen die Provinz Trient im Mai 2023 eine Initiative, um den Wohnbau für junge Paare zu fördern.
Seit wann gibt es Bausparen im Land? Wie viele Bausparer gibt es in Südtirol?
J. M.: Seit Beginn des Bausparmodells im Jahr 2015 hat die Pensplan Centrum AG, die die Position der antragstellenden Person prüft, insgesamt 4526 Zertifikate an ebenso viele Bausparer über einen Gesamtbetrag von rund 194 Millionen Euro ausgestellt. 2023 war erneut ein starker Anstieg bei den Ansuchen um Bauspardarlehen zu verzeichnen: Pensplan Centrum AG stellte 656 Zertifikate an ebenso viele Bausparer über einen Gesamtbetrag von etwa 33,3 Millionen Euro aus.
Was passiert, wenn man plötzlich das Darlehen nicht mehr zurückzahlen kann?
J. M.: Sollte es zu finanziellen Engpässen kommen, sollte rechtzeitig die Bank aufgesucht werden, um eine gemeinsame Lösung zu finden. Das sollte aber bereits im Vorfeld passieren, nicht erst dann, sobald die erste Rate nicht mehr zurückgezahlt werden kann.
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