Elektrischer Erstling: 25 Jahre Toyota Prius
Mit seinem Hybridantrieb hat der Toyota Prius die Autowelt vor 25 Jahren auf den Geschmack fürs elektrische Fahren gebracht und so die Antriebsrevolution losgetreten. Wie fährt er sich heute?
Er war der erste seiner Art und trug das schon im Namen. Denn „Prius“ erinnert an das lateinische Primus und sollte jedem auf Anhieb den Beginn einer neuen Ära verdeutlichen. Schließlich war der Kompakte mit dem kruden Design bei seiner Premiere 1997 das erste Hybrid-Auto für die Großserie und startete nicht weniger als eine Revolution.
Rein elektrisch für ein paar Hundert Meter
In einer Zeit, in der die Welt sich zum ersten Mal ernsthaft Sorgen ums Klima und die Endlichkeit der fossilen Energieträger machte, zeigten die Japaner mit der Kombination aus Verbrennungsmotor und E-Maschine einen Ausweg. Denn gespeist von der beim Bremsen zurückgewonnen Motorenergie konnte der Prius ein paar Hundert Meter rein elektrisch, geräuschlos und ohne Abgase fahren. Er war zudem mit einem Normverbrauch von 1,3 Litern sparsamer als jeder vergleichbare Benziner in seiner Klasse. Neu war die Idee freilich nicht. Sondern schon 1902 hatte Ferdinand Porsche für die Lohner-Werke mit dem Mixte den ersten Hybrid der Welt entwickelt. Und spätestens seit der Ölkrise in den 1970er Jahren hatten alle namhaften Hersteller an der Kombination aus Verbrenner und Stromer geforscht. Toyota übrigens seit 1965.
Eine Million Autos in rund 10 Jahren
Audi brachte später im A4 sogar den ersten Diesel-Hybrid mit Plug-in Technik auf den auf den Markt und war Toyota damit ein paar Wochen zuvorgekommen. Doch während der 60.000 D-Mark teure Audi Duo floppte und nur 100 Kunden fand, hatte sich der Prius bei seiner Premiere 1997 in Japan und ab 2000 dann sukzessive im Rest der Welt durchgebissen. In weniger als 10 Jahren machte er die erste Million voll. Auch Deutschland hatte dazu seinen Teil beigetragen: Und das, obwohl der Prius hier zur Markteinführung Anfang 2001 umgerechnet knapp 23.000 Euro kostete und damit rund 50 Prozent teurer war als ein VW Golf. Bei seinem Siegeszug half ihm vor allem die Rückendeckung der Stars. Denn der Boom begann in Hollywood und Beverly Hills, wo die Berühmtheiten aus Film und Fernsehen plötzlich medienwirksam ihren Porsches gegen einen Prius getauscht hatten.
Hässliches kleines Toyotalein – mag sein
Und weil es dabei eben auch um Selbstdarstellung ging, kam ihnen das Design irgendwo zwischen Donald Ducks Comic-Auto und einem verunglückten Kompakten gerade recht. Schließlich war damit auf dem Sunset Boulevard oder dem Pacific Coast Highway mehr Aufmerksamkeit zu erregen als mit einem noch so luxuriösen Sportwagen. Mittlerweile ist der Hybrid-Antrieb allerdings Allgemeingut. Denn allein Toyota hat seit der Prius-Premiere vor 25 Jahren gemeinsam mit der Schwestermarke Lexus über 17 Millionen Teilzeitstromer verkauft, berichtet Pressesprecher Thomas Schalberger und rühmt seine Firma damit zu recht als Hybrid-Weltmeister. Mindestens genauso wichtig ist allerdings seine Rolle als Wegbereiter. „Denn der Prius war das erste Auto, in dem die breite Masse zumindest für ein kurzes Stück elektrisches Fahren erleben konnte“, sagt Automobilwirtschaftler Ferdinand Dudenhöffer aus Duisburg. Damit haben die Japaner nicht nur zahlreiche Wettbewerber auf den Plan gerufen und eine weltweite Hybrid-Welle losgetreten, die schnell alle Segmente vom Klein- bis zum Geländewagen erfasst hat. Sondern sie haben mit dem Prius im Grunde auch Tesla den Boden breitet. „Die Menschen waren sensibilisiert, sie hatten erste elektrische Erfahrungen und waren ein Jahrzehnt nach dem Prius bereits für das nächste Experiment.“
Aus heutiger Sicht: Kann Fahrspaß aufkommen?
Wer heute noch einmal in den ersten Prius steigt, der mag gar nicht glauben, wie schräg der Pionier damals war. Denn das mittlerweile fast schon winzige Stufenheckgefährt ist nicht nur ziemlich hässlich, sondern lässt sich obendrein auch nur schwer bedienen. Der Automatikhebel, der aus dem Armaturenbrett ragt wie weiland die Schaltung bei der Ente, die grob verpixelten Energiefluss-Grafiken wie aus dem Telekolleg Physik im Dritten und die digitalen Instrumente in der Mitte des Armaturenbretts – allein das dürfte viele Umsteiger schwer gefordert haben. Und über Fahrspaß reden wir besser erst gar nicht. Das stufenlose Getriebe jault schon im Stadtverkehr wie eine Kettensäge bei der Holzfäller-Olympiade. Die Beschleunigung ist mit 13,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h – nun ja – eher mäßig und auch bei Vollgas sind nicht mehr als 160 Sachen drin.
Der aktuelle Prius ist von anderem Format
Und das alles für die paar Hundert Meter elektrischen Fahrens, die mit dem 1,8 Kilowatt großen Akku und der 33 Kilowatt/44 PS starken E-Maschine möglich sind? Damals war das genug für den großen Hype, heute lachen darüber selbst die Toyota-Ingenieure. Erst recht, seitdem sie in diesem Sommer die fünfte Generation des Prius am Start haben. Denn obwohl alle Welt – auch dank des Prius – mittlerweile unter Strom steht und rein elektrisch fahren will – halten die Japaner an ihrem Hybrid-Weltmeister fest. Doch mit dem Prius von einst hat der heutige außer dem Namen nicht mehr viel gemein: Das Comic-Design ist einer schnieken Coupé-Silhouette gewichen, die Systemleistung liegt bei 164 Kilowatt/223 PS und die Spitze bei 177 km/h. Weil es ihn bei uns nur noch als Plug-in-Hybrid gibt, fährt er bis zu 69 Kilometer rein elektrisch.
Wegbereiter – als Klassiker noch nicht angekommen
Zwar könne man den historischen Wert des Toyota Prius als Wegbereiter der Antriebsrevolution kaum hoch genug ansetzen, würdigt Oldtimer-Experte Frank Wilke den Teilzeitstromer. Doch als Klassiker und Liebhaberauto tauge der Hybrid-Pionier deshalb noch lange nicht, sagt der Chef des Bochumer Marktbeobachters Classic Analytics: „Denn dafür braucht es auch ein spezielles Fahrgefühl, einen besonderen Sound oder unverwechselbare Fahreigenschaften, den gediegenen Komfort einer großen Limousine oder kompromisslose Schärfe eines Sportwagens.“ Und davon könne beim Prius wohl kaum die Rede sein. Genauso wenig wie von einem atemberaubenden Design, das den Prius zum Blickfang in der Garage oder vor der Eisdiele machen würde – zumindest nicht, wenn man auf Bewunderung aus ist. „Er fährt nicht gut und sieht nicht gut aus“, sagt Wilke. „Wenn also tatsächlich jemand einen Prius aus der ersten Generation sucht, dann allenfalls für ein Technik-Museum und ganz sicher nicht als Youngtimer für den Sonntagsausflug.“ Die Marktdaten geben ihm recht: Seine Experten taxieren den Preis eines Prius I im Zustand 2 mit gerade mal 3500 Euro. Zum Vergleich: Ein Toyota Celica aus der gleichen Zeit wird dagegen für 7600 Euro gehandelt. (dpa/tmn)
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