Risiko Pedelec: So vermeiden Sie gefährliche Unfälle
Vom Auto aufs Rad umsteigen: Das ist gut fürs Klima und im Sinne der Verkehrswende. Der E-Bike-Markt boomt. Doch dadurch steigt auch die Zahl an Unfällen mit diesen Rädern. Wie fährt man sicherer?
Von wegen, nur Ältere benutzen Fahrräder mit E-Motor: Die Nutzerinnen und Nutzer von Pedelecs werden jünger. Teils sind schon Grundschulkinder mit elektrogestützten Fahrrädern unterwegs. Das Problem dabei: Ihnen fehlt die Erfahrung im Straßenverkehr. Und mit den E-Bikes sind sie bei vergleichsweise geringer Kraftanstrengung sehr schnell unterwegs. Denn Pedelecs sind Räder, die beim in die Pedale Treten mit einem Motor unterstützen – und zwar bis zu einem Tempo von 25 Kilometer pro Stunde. Fährt man schneller, schaltet die Motorunterstützung ab. Dr. Christopher Spering, Vorsitzender der Sektion Prävention in der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie, sagt: Ein „physiologisch rückgekoppeltes Fahren“ wie beim normalen Fahrrad lernen die Kinder dadurch eher nicht mehr. „Wir brauchen eigentlich so was wie eine Eingewöhnungszeit“, so Spering. Er arbeitet als Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie der Universitätsmedizin Göttingen. Ein Mindestalter für die Nutzung von Pedelecs gibt es nicht. Der ADAC rät auf seiner Internetseite allerdings, dass Kinder bis 14 Jahre „wegen der Eigenheiten beim Beschleunigen“ lieber nicht mit E-Bikes fahren sollten.
Mehr E-Fahrräder, mehr Unfälle
Zunächst waren diese Bikes eher bei der älteren Generation beliebt, sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV). Das ändere sich nun. E-Modelle machten schon jetzt die Hälfte aller Fahrradkäufe aus, Tendenz weiter steigend, heißt es vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Und weiter: Wer ein Fahrrad mit Motor besitzt, fährt damit häufiger und auch längere Strecken als mit Fahrrädern ohne Motor. Im Sinne des Klimaschutzes ist das eine begrüßenswerte Entwicklung. Nur: Entsprechend der wachsenden Zahl an verkauften E-Bikes und Pedelecs nehmen die Unfälle damit zu, wie Statistiken zeigen. Die häufigsten Verletzungen seien Schädel-Hirntraumata, Verletzungen der oberen Extremitäten – beispielsweise Handgelenksbrüche – sowie Prellungen und Verletzungen des Brustkorbs, zählt Mediziner Spering auf.
Wie ist man sicherer unterwegs?
Ein Fahrunfall mit einem Verlust der Kontrolle übers Gefährt passiert Unfallforscher Brockmann zufolge bei schwereren Pedelecs deutlich häufiger als bei normalen Fahrrädern. Mediziner Spering appelliert deshalb: „Wir müssen lernen, mit diesen Fahrzeugen umzugehen.“ Ein heikles Thema gerade für Anfänger: Das Abbremsen aus der oft ungewohnt hohen Geschwindigkeit, die man mit einem Pedelec erreicht. Wer ein E-Fahrrad kauft, sollte sich vor der ersten Ausfahrt mit dem Antriebs- und Bremsverhalten vertraut machen, beispielsweise bei einer ausführlichen Probefahrt oder einem Sicherheitstraining. Doch dies machen nur die wenigsten. „Das Problem ist, dass viele nicht hingehen, weil sie glauben, sie hätten es nicht nötig“, sagt Unfallforscher Brockmann.
Helm auf und zurückhaltend fahren
Pedelecs zählen rechtlich als Fahrräder. Das heißt: Es gibt keine Versicherungspflicht, man braucht keinen Führerschein für sie. Auch eine Helmpflicht besteht nicht – anders als etwa bei den schnelleren S-Pedelecs mit Motorunterstützung bis 45 Kilometer pro Stunde. Mediziner Spering appelliert aber auch an Fahrerinnen und Fahrer von normalen Pedelecs: „Tragt Helm, fahrt eher zurückhaltend und nicht am Limit.“ Zudem rät er: lieber einmal ein bisschen passiver sein, als auf seinem Vorfahrtsrecht zu beharren. Auch Fußgänger, andere Radler oder Autofahrer unterschätzten oft die höhere Geschwindigkeit und die Beschleunigung von Pedelecs, warnt der ADAC. Umso wichtiger sei vorausschauendes und umsichtiges Fahren seitens der Pedelec-Nutzer. Das heißt zum Beispiel: Blickkontakt mit abbiegenden Autofahrern aufnehmen und selbst auch rechtzeitig das Abbiegen anzeigen. Besondere Vorsicht ist an Kreuzungen, Einmündungen sowie Ein-und Ausfahrten – etwa von Tankstellen und Supermärkten – geboten. Hier passieren Unfallforscher Brockmann zufolge die meisten Unfälle. (dpa/tmn)
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