Wenn Trennungen gefährlich werden
Einst die große Liebe, danach nur mehr Wut. Wenn Partnerschaften auseinander gehen, sind viele verletzte Gefühle im Spiel. Streit, Drohungen und Aggressionen können die Folge sein. Schlimmstenfalls endet eine Trennung mit dem Tod, wie die unzähligen Femizide zeigen. Doch wie kann es so weit kommen?
1. Was erschwert eine Trennung?
Oft sind das Konstellationen, in denen ein Partner den anderen diffamiert. Verbale Übergriffe sind keine Seltenheit. „Der andere wird verdammt und als Satan gesehen“, erklärt Heidi Kastner. Die Österreicherin ist Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, außerdem Gerichtspsychiaterin und hat ein Buch über konfliktreiche Trennungen geschrieben. Meist sind es nur Nuancen, die eine schwierige von einer dramatischen Trennung unterscheiden. „Wenn sich die Trennung schon ewig hinzieht, sollte man sich nicht zu einer letzten Aussprache treffen, wenn alle Argumente offen da liegen und die Trennungsabsicht klar ist“, sagt Kastner. Ihrer Erfahrung nach eskaliere die Situation bei diesem letzten, vermeintlich klärenden Gespräch.
2. In welchen Fällen macht eine Paarberatung noch Sinn?
Heidi Kastner ist hier nicht sehr optimistisch: „Es macht nur dann Sinn, wenn ich bereit bin, dem anderen zuzuhören.“ Viele Paare seien über diesen Punkt schon längst hinaus. Für ganz so aussichtslos hält Peter Rottländer eine Beratung nicht. Er ist psychoanalytischer Paar- und Familientherapeut in Frankfurt am Main. „Eine Paarberatung kann ein Anstoß sein, die Situation aus den Augen des anderen zu betrachten.“ Der entscheidende Schritt sei, die Opferrolle zu verlassen und sich eigene Unzulänglichkeiten einzugestehen. Einigen Paaren gelingt es, zu einem frühen Zeitpunkt vor dem Therapeuten zu sitzen – präventiv, bevor sich die Fronten komplett verhärtet haben.
3. Was kann man tun, wenn die Situation gefährlich wird?
Wer von seinem Partner im Trennungsprozess bedroht oder körperlich angegriffen wird, hat nicht viele Möglichkeiten. „Im Notfall muss ich das gewohnte Umfeld verlassen und jeden Kontakt beenden“, sagt Kastner. Oft schaffen viele den Absprung nicht, selbst wenn die Familie oder Freunde sie dazu drängen. Ein weiteres Phänomen bei konflikthaften Trennungen ist das Stalking. Mit Verfolgungstouren oder permanenten Anrufen wird versucht, den ehemaligen Partner wieder für sich zu gewinnen, die Trennung wird nicht akzeptiert. Bei mehr als jedem dritten Fall (36 Prozent) in Deutschland ist der ehemalige Partner der Stalker, erklärt Andreas Mayer von der Polizeilichen Kriminalprävention in Stuttgart. In 42 Prozent der gemeldeten Stalkingfälle sind Opfer und Täter noch zusammen. Das Problem: Je näher sich Opfer und Täter stehen, umso größer ist die Hemmschwelle, das Stalking anzuzeigen. Auch Mayer rät Betroffenen zum völligen Kontaktabbruch, so weit das möglich ist: „Keine Mails beantworten, auflegen, auf kein Posting reagieren und denjenigen im Handy sperren lassen.“
4. Was können Außenstehende tun?
Freunde oder Angehörige sind oft Zeuge von schwierigen Trennungen. Trotzdem werden sie nur selten gehört, wenn sie Sorgen oder Ängste äußern. „Sobald man Druck ausübt, wird man als Feind wahrgenommen“, sagt Kastner. Deshalb bleibe einem oft nicht mehr, als seine Befürchtungen mitzuteilen oder im Notfall Unterschlupf anzubieten, sollte die Situation eskalieren. Als Außenstehender sollte man dem Trennungspaar auf keinen Fall Lösungen präsentieren, rät Rottländer. Schließlich sei man trotz Außenperspektive keinesfalls neutral und meist mit einer Partei besser befreundet als mit der anderen.
5. Wie gelingt eine friedliche Trennung?
„Eine saubere Trennung gelingt dann, wenn ich mich in dem Wissen trennen kann, dass der andere kein Unmensch ist“, erklärt Kastner. Mein Ex-Partner hat mir weh getan, mich enttäuscht und hat trotzdem auch gute Seiten – diese Ambivalenz zu ertragen, gelingt nicht allen. (dpa/tmn)
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