Das Unternehmen mitgestalten, auch mal unangenehme Entscheidungen treffen, im Fokus stehen: Die Anforderungen an Führungskräfte sind hoch. Dennoch oder gerade deshalb wird es für Berufstätige oft als Karriereziel ausgegeben. Allzu viele sind es aber nicht, die wirklich danach streben. Einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Initiative Chefsache aus dem Jahr 2020 zufolge wollen lediglich 35 Prozent der 5000 Befragten eine Führungsposition übernehmen. 30 Prozent der Frauen und knapp 40 Prozent der Männer. Tendenz: sinkend.
- Affinität zur Führung sollte gegeben sein
Ob Führung etwas für einen ist, merke man oft schon in der Jugend, sagt Jörg Schmidt. Er ist Geschäftsführer der Haufe Akademie für den Bereich Kompetenz für Fach- und Führungskräfte. Wer proaktiv etwas gestalten möchte, gerne im Fokus steht und wem es leichtfällt, zu kommunizieren, der erfülle schon wichtige Bedingungen.
Hinzu kommt: Man muss es mögen, sich selbst zu reflektieren und zu entwickeln. „Grundsätzlich kann man all das auch lernen“, sagt Schmidt. „Aber man sollte sich in einer Führungsposition auch wohlfühlen. Dazu ist Affinität wichtig.“
- Motivation und soziale Kompetenzen gefordert
So sieht es auch Karrierecoach Ute Bölke. „Wer Führungskraft wird, sollte das aus innerer Überzeugung tun.“ Sich aus Statusgründen oder wegen des Geldes dafür zu entscheiden, könne einem „früher oder später um die Ohren fliegen“.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Allen voran: „Menschen sind schwierig“, so Ute Bölke. Was lustig klingt, ist durchaus ernst gemeint: Nicht immer sind Dynamiken im Team nachvollziehbar, geschweige denn kontrollierbar. Genau das sei aber die Aufgabe als Führungskraft. Dafür braucht es viel Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, das Vertrauen von Menschen zu gewinnen.
Man muss sich aber auch durchsetzen können. Und natürlich müssen die Ansichten der Führungskraft zu denen des Unternehmens passen. Außerdem sollte man sich im Klaren darüber sein, dass man als Führungskraft fachliche Aufgaben abgibt. Die erledigen dann die Mitarbeiter. „Es geht darum, das volle Potenzial eines Teams auszuschöpfen, statt jede Entscheidung selbst zu treffen“, sagt Schmidt.
- In jeder Konstellation warten Herausforderungen
Wer sich diesen Aufgaben gewachsen fühlt, kann sich als Führungskraft probieren. Aber es warten noch mehr Herausforderungen – egal, ob man im eigenen Unternehmen aufsteigt oder ob man von außen kommt, wie Bölke sagt.
Werden Beschäftigte innerhalb ihres Teams befördert, bekommen sie es vor allem mit Akzeptanzproblemen zu tun. Von der Kollegin zur Vorgesetzten: Das passt nicht jedem, der auf seinem alten Posten bleibt. Den Respekt als Führungskraft muss man sich erarbeiten, auch wenn man sich bereits kennt.
Kommt man neu in das Unternehmen, können unschöne Überraschungen warten: Das Team, das man leiten soll, funktioniert nicht oder die Mitarbeiter trauern der alten Vorgesetzten nach. Gerade in sogenannten Sandwichpositionen hat man es immer schwer. „Erwartungen und Ansprüche von unten und oben, das setzt viele unter Druck“, sagt Bölke. Immerhin: Zwänge durch ungeschriebene Gesetze wie „Der Chef ist der erste der kommt und der letzte der geht“, die gebe es eigentlich nicht mehr. Auch als Vorgesetzte immer das letzte Wort haben zu wollen, sei überholt, sagt Schmidt. „Die Mitarbeiter wissen es oft einfach besser.“
- Nicht kopflos in die Aufgabe stürzen
Wer sich seines Ziels sicher ist, sollte sich gut überlegen, wie man die künftige Arbeit als Führungskraft gestalten will und nicht improvisieren, empfiehlt Schmidt. Am besten geht man die neue Aufgabe mental durch und entwirft ein Szenario für die ersten 100 Tage: Was will ich bis dahin erreicht haben? Und wie will ich das erreicht haben? Gedanken machen sollte man sich auch, wie man Meetings aufsetzen will, wie oft man sich mit Mitarbeitern eins zu eins trifft und wie man im Führungskreis zusammenarbeiten möchte. Als Vorgesetzter befinde man sich oft auf dem schmalen Grat, sich gut in die Unternehmenskultur einzupassen, aber auch prägend Einfluss zu nehmen, sagt Schmidt. „Man will sich profilieren mit seinen Ideen, Dinge in Frage stellen, aber die unternehmenskulturellen Grenzen nicht überschreiten.“
Eine Gebrauchsanleitung für das richtige Maß gibt es natürlich nicht. Die Dos und Don'ts seien je nach Unternehmen sehr unterschiedlich, sagt Schmidt. Mit der Zeit entwickele man ein Gefühl dafür, wie sehr man anecken kann und sollte und wann man besser mit dem Strom schwimmt.
Schmidt betont aber auch: Jeder weiß, man ist neu. „Man braucht also nicht so zu tun, als ob alles perfekt läuft.“ Er rät, offen damit umzugehen, wo man steht. Bloß keine Schwäche zeigen wollen und bei völliger Ahnungslosigkeit Kompetenz vortäuschen, das sei der falsche Ansatz. „Die meisten merken, wenn man unsicher ist. Man sollte offen damit umgehen und als Person authentisch bleiben.“ (dpa/tmn)
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