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ANATOMIE: Häufig leiden Frauen unter starken Regelschmerzen – und müssen dennoch zur Arbeit. Warum?
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© Shutterstock

Über den geplanten „Menstruationsurlaub“ in Spanien wurde viel diskutiert. Eine Expertin erklärt, wie Beschäftigte die Debatte nutzen können, um ihren Arbeitsplatz menstruationsfreundlicher zu machen. Krämpfe, Schmerzen, Kreislaufprobleme: Starke Beschwerden gehören bei vielen Frauen dazu, wenn sie ihre Periode haben. Nichtsdestotrotz kämpfen sie sich nicht selten durch lange Arbeitstage.

Die spanische Regierung hat vor Kurzem ein Gesetz auf den Weg gebracht, das es Frauen ermöglichen soll, sich mit Menstruationsbeschwerden bei Lohnfortzahlung krankschreiben zu lassen. Das hat das Thema Menstruation am Arbeitsplatz in vielen Ländern auf die Agenda gebracht.

 

Arbeitsunfähigkeit ist kein „Urlaub“

Annina Hering, promovierte Sozialwissenschaftlerin und Arbeitsmarktexpertin der Jobseite Indeed ordnet ein: In der deutschen Debatte im Zusammenhang mit der spanischen Regelung werde vielfach der Begriff „Urlaub“ verwendet. Laut Hering eine Fehlinterpretation.

Es gehe in dem Gesetz ausdrücklich nicht um Urlaub, sondern um Sichtbarkeit und Anerkennung eines vorhandenen, aber immer noch im Arbeitsumfeld tabuisierten medizinischen Problems, so Hering.

 

Debatte über Menstruation anstoßen

Anstatt also über einen „Menstruationsurlaub“ in Deutschland zu diskutieren, rät Hering, das Momentum zu nutzen und im Zuge der Debatten Gespräche über Menstruation und Menstruationsbeschwerden am Arbeitsplatz anzustoßen.

Ein offener Umgang mit dem Thema trage dazu bei, Menstruationsbeschwerden als Begründung zu etablieren, nicht zur Arbeit zu kommen oder am Tag anders zu arbeiten. So können sich nach und nach Unternehmenskulturen verändern.

 

Arbeitsunfähig – ohne schlechtes Gewissen

Hering rät Frauen, kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn Menstruationsbeschwerden tatsächlich zu einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit führen. Wichtig sei, mit akuten Menstruationsbeschwerden nicht vor einer Krankmeldung zurückzuschrecken. „Und im Gegensatz zum Status Quo in Spanien erhalten sie in dem Fall auch eine Lohnfortzahlung“, sagt die Sozialwissenschaftlerin.

Eine Krankschreibung sei kein Urlaub. In vielen deutschen Unternehmen sei es zudem Usus, dass erst nach einigen Tagen eine offizielle Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fällig wird.

 

Führungskräfte sensibilisieren

Daneben kann es sich laut Hering lohnen, die eigene Führungskraft für die Thematik zu sensibilisieren. „Das wird jetzt vermutlich nicht mit jedem Chef oder jeder Chefin und in jedem Unternehmen gelingen“, räumt sie ein. Aber behutsam und über die Zeit könne man hier Überzeugungsarbeit leisten. „Es ist doch in jedem Fall besser für das Unternehmen, wenn eine Mitarbeiterin einen Tag nicht am Schreibtisch sitzt, aber dafür die restlichen Tage im Monat produktiver und motivierter zur Arbeit kommt.“

 

Flexible Arbeitsstrukturen nutzen

Wer die Möglichkeit hat, kann bei akuten Beschwerden während der Periode auch einen Homeoffice-Tag einlegen. „Arbeitgeber werden hier immer flexibler“, so Hering und seien angesichts des Fachkräftemangels gewillter, auf die Forderungen von Mitarbeitenden einzugehen.

Vielleicht lassen sich Aufgaben in einer zunehmend durch Flexibilität geprägten Arbeitskultur dann erledigen, wenn die Schmerzen nicht so stark ausfallen. Hering empfiehlt zum Beispiel, die Arbeit in kleinere Pakete teilen oder flexibel am Folgetag zu erledigen.

 

Thema zum Betriebsrat tragen

Wer den eigenen Zyklus sehr genau kennt, kann auf Rat von Hering vorausschauend takten: Zum Beispiel, indem man sich an Tagen, an denen mit den stärksten Beschwerden zu rechnen ist, keine Geschäftsreisen plant oder Präsenzverpflichtungen eingeht. Nicht zuletzt empfiehlt Hering, den Betriebs- oder Personalrat anzusprechen und das Thema Menstruationsbeschwerden auf deren Agenda zu bringen. „Wenn die Frauen eines Betriebes gemeinsam ihre Interessen vertreten, haben ihre Forderungen mehr Wirkung.“ So könne etwa die Bereitstellung von Hygieneartikeln am Arbeitsplatz ein erster Anfang sein und für Sichtbarkeit sorgen. (dpa/tmn)

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