Als Neu-Rentner erstmal in ein tiefes Loch stolpern – das will niemand. Aber diese Situation droht, wenn man den Ruhestand vorab nicht gut genug plant. So packen Sie es an.
Erst die Monate, dann die Tage – viele ältere Berufstätige zählen sie. Sie fiebern dem Tag entgegen, an dem sie nicht mehr arbeiten müssen und endlich im Ruhestand sind. Doch immer wieder kommt es vor, dass Neu-Rentner dann in ein tiefes Loch fallen.
Die ersten Wochen ohne den Berufsalltag haben sie wie Urlaub genossen. Aber dann machen sich Leere und Frust breit. Ein Anzeichen dafür, dass man sich nicht oder nicht richtig auf das Rentnerdasein vorbereitet hat. „Ohne eine solche Vorbereitung kann es passieren, dass Betroffene sich auf einmal trotz ihres familiären Umfelds einsam fühlen, weil der sonst so selbstverständliche Tagesablauf und Kontakt mit Kollegen nicht mehr ist“, beschreibt die Diplom-Psychologin Prof. Eva Asselmann.
Arbeit gibt unseren Tagen Struktur. Ist sie auf einmal nicht mehr Teil unseres Lebens, fehlen vielleicht sinnstiftende Aufgaben. Viele fühlen sich dann nutzlos und unausgefüllt. „Die Gefahr, in ein tiefes Loch zu fallen, ist umso größer, je anspruchsvoller die Arbeit war und je mehr man sich damit identifiziert hat“, sagt der Coach und Autor Herb Stumpf aus Nürnberg.
Bis zum letzten Tag voll gearbeitet, dann in den Ruhestand – also von 100 auf 0. Ist die Lösung, sich „schleichend“ aus der Arbeitswelt zurückzuziehen? Stichwort: Altersteilzeit, also ab einem gewissen Alter die Stundenzahl sukzessive reduzieren. Eine eindeutige Antwort gibt es nicht. „Ob das für jemanden eine Option sein kann, hängt von der individuellen Lebenssituation ab“, sagt Eva Asselmann. Sprich: Ob man sich Altersteilzeit überhaupt finanziell leisten kann und ob das zur eigenen Persönlichkeit passt. Ähnlich sieht es Stumpf.
Sich gründlich auf das Rentendasein vorbereiten
Egal ob Altersteilzeit oder nicht: Ohne eine gründliche Vorbereitung aufs Rentendasein besteht die Gefahr, dass sich aus der neuen Bedeutungslosigkeit ein emotionales Tief entwickelt. Um das zu verhindern, gilt: Je früher ältere Berufstätige mit dem Planen beginnen, desto besser. Asselmann plädiert dafür, sich schon ein Jahrzehnt vor Rentenbeginn Gedanken darüber zu machen, wie man den eigenen Lebensabend sinnvoll gestalten möchte. Mit den konkreten Vorbereitungen beginnen Ältere idealerweise circa 2 Jahre vor dem Ende ihres Berufslebens.
„Am besten, man macht dann eine Art Nabelschau“, rät Herb Stumpf. Diese Fragen helfen dabei: Wo liegen meine Fähigkeiten und Interessen? Was will ich noch erleben – und kann ich mir das finanziell leisten? Wie ist mein Gesundheitszustand? Welche Pläne und Ideen hat mein Partner oder meine Partnerin – und wie lassen sie sich mit meinen vereinen? Wie sieht es mit der übrigen Familie aus, wie mit sonstigen sozialen Kontakten wie Freundinnen oder Nachbarn?
Konkrete Ziele und Aufgaben festlegen
Im nächsten Schritt geht es darum, konkrete Ziele zu definieren. Sie sind die Grundlage, aus der sich konkrete Aufgaben und Aktivitäten entwickeln, die im Ruhestand das Leben füllen – und ihm Sinn schenken können.
Manche verspüren vielleicht den Wunsch, sich ehrenamtlich zu engagieren. Wer nicht weiß, welches Ehrenamt in Frage kommt, kann sich beraten lassen, etwa bei den Freiwilligenagenturen, die es in vielen Kommunen gibt. Wer schon weiß, wo er oder sie sich einbringen möchte, nimmt einfach Kontakt zur jeweiligen Einrichtung auf und bietet seine Hilfe an.
Wer auch über den Renteneintritt hinaus zumindest für ein paar Stunden am Tag oder in der Woche arbeiten möchte, sollte sich überlegen: Kann oder möchte ich das beim alten Arbeitgeber tun? „Oder eine Lehrerin im Ruhestand unterrichtet nicht mehr, gibt aber Schülern Nachhilfe“, nennt Eva Asselmann eine weitere Möglichkeit.
Und für alle, die im Ruhestand intensiv ihren Interessen und Hobbys nachgehen wollen: Gruppen, in denen man auf Gleichaltrige und Gleichgesinnte trifft, gibt es fast überall. Ob es nun der Computerclub ist, Volkshochschulen, Sport- und Wandervereine oder Kulturbüros.
Eine geregelte Tagesstruktur ist wichtig
„Ganz wichtig, um nicht in ein Loch zu fallen, ist, sich fürs Rentendasein eine Tagesstruktur zu erarbeiten“, betont Asselmann.
Ein solcher Tagesplan gibt Halt und lässt weniger Leere aufkommen. Er kann zum Beispiel so aussehen: Der Wecker klingelt, aufstehen, als erstes ein paar Yoga-Übungen. Dann Frühstück. Als nächstes spazieren und die Natur genießen, auf dem Rückweg einkaufen. Mittagessen. Nachmittags einem Ehrenamt nachgehen, stundenweise arbeiten oder sich mit Freunden zum Kaffeetrinken verabreden. Abends mit dem Partner oder der Partnerin ins Kino oder Theater oder Schachspielen.
Und wenn man so gar nicht mit dem (bevorstehenden) Rentnerdasein klarkommt? Dann können Impulse von außen helfen. Mittlerweile gibt es so einige Coaching-Angebote, die dabei helfen können, den Übergang in diese neue Lebensphase besser zu meistern.
Bei allem sollte man aber eines nicht vergessen, wie Herb Stumpf zusammenfasst: „Das Rentnerdasein ist oft DIE Chance, noch einmal Dinge zu tun und zu erleben, für die früher keine Gelegenheit war.“ (dpa/tmn)
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