Was gehört in die Bewerbung?
Das erste Praktikumszeugnis, die Abschlussnote und ausführliche Infos zur Diplomarbeit – in der Bewerbung eines 55-jährigen Geschäftsführers? Wohl eher nicht. Auch für Bewerbungsunterlagen gibt es ein Verfallsdatum. Wo es genau liegt, ist schwer zu sagen.
Es gibt Situationen im Leben, in denen das Motto „Viel hilft viel“ richtig ist. Und es gibt Situationen, in denen eher „Mut zur Lücke“ gilt. Die Bewerbung ist eine davon. Denn nicht alles, was man seinen Unterlagen beilegen kann, gehört dort auch rein. Und wer die Mappe oder den Mail-Anhang überfrachtet, mindert vielleicht sogar seine Chancen auf den Job. Andersherum darf manches aber auch nicht fehlen – und was das ist, unterscheidet sich je nach Stelle und Karriereverlauf.
Der Einsteiger: 16 Jahre alt, gerade fertig mit der Realschule – viel Material für den Lebenslauf gibt es da noch nicht. Hier geht es also weniger ums Aussortieren, mehr ums Zusammensuchen. Nebenjobs oder ehrenamtliche Tätigkeiten sollten angehende Azubis deshalb im Lebenslauf immer angeben, rät die Bundesagentur für Arbeit auf „Planet-Beruf.de“, im Idealfall mit einer schriftlichen Bestätigung in den Anlagen. Das gilt auch dann, wenn die Jobs auf den ersten Blick nichts mit der Ausbildung zu tun haben – Teamfähigkeit oder Disziplin zum Beispiel lassen sich so trotzdem demonstrieren.
Der Absolvent: Praktika, Nebenjobs, Auslandssemester und Projekte: Spätestens nach dem Masterabschluss haben viele Studenten eine stattliche Anzahl von Lebenslauf-Stationen beisammen. Die sollte man Personalern nicht einfach unsortiert hinwerfen. „Den Lebenslauf müssen Sie für jeden Job neu gestalten“, sagt Bewerbungscoach Jürgen Hesse. Er rät: Die Bewerbung als Werbeprospekt in eigener Sache begreifen, mit individuell zugeschnittenen Infos. Das Wichtigste gehört dabei nach oben in den Lebenslauf, nicht nur ins Anschreiben. „Das wird nämlich sonst eventuell gar nicht gelesen.“
Der Wechsler: Mitte 30, die ersten Stufen der Karriereleiter sind geschafft, neue Aufgaben winken. Spätestens jetzt haben Abizeugnis und Grundschulname in der Bewerbung nichts mehr verloren. „Das ist dann sogar Anti-Werbung in eigener Sache“, sagt Hesse. „Weil es zeigt, dass Sie keinen Blick für das Wesentliche haben.“ Stattdessen gilt: Konsequent sortieren – also nur die letzten fünf bis zehn Jahre berücksichtigen und Anlagen auf höchstens zehn Seiten begrenzen. „Wenn Sie wirklich sehr viel haben, legen Sie besser nur die wichtigsten bei und schicken Sie dann ein Anlagenverzeichnis.“
Der Aufsteiger: Was für reguläre Mitarbeiter gilt, gilt für zukünftige Führungskräfte umso mehr – und geht noch weiter. „Da geht es dann nicht nur darum, was sie gemacht haben“, sagt Prof. Brigitte Witzer, Coach für Führungskräfte. „Sondern auch um das, was sie können.“ Bewerber sollten also nachweisen können, dass sie sich zum Beispiel mit Innovations- oder Change Management auskennen. Und sie sollten im Idealfall schon etwas Führungserfahrung haben, als Teamleiter zum Beispiel. „Da geht es dann auch darum, wie viele Leute sie geführt haben – ob 10 oder 100 ist ein Unterschied.“
Der Rückkehrer: Nicht jeder Bewerber hat mit Mitte 40 mehrere Stationen für seinen Lebenslauf – zum Beispiel, weil er sich zwischendurch um die Kinder gekümmert hat. Die Fünf- bis Zehn-Jahres-Regel zum Aussortieren gilt dann nicht mehr, sagt Hesse: Was man vor der Pause gelernt und gemacht hat, gehört in die Bewerbung. Dazu sollten Bewerber aber auch Aushilfsjobs oder Ehrenämter aus der jüngsten Vergangenheit angeben – vom Kassenwart im Sportverein bis zum Vorsitz der Elternvertretung. „Auch das zeichnet ein Bild von Ihnen.“
Der Beinahe-Rentner: 40 Jahre bei einem Unternehmen – das war früher eher die Regel als heute. Blöd nur, wenn man dann plötzlich noch mal auf Jobsuche gehen muss, wegen Insolvenz des Arbeitgebers zum Beispiel. „Auch da geht es dann im Lebenslauf darum, eine Entwicklung zu zeigen“, sagt Hesse. Also zum Beispiel, indem man die Tätigkeit beim Langzeit-Arbeitgeber detailliert nach Positionen und Aufgaben aufschlüsselt – und den Lebenslauf so etwas anfüttert.
Der Vorstand: Für die Chefetage gelten wieder andere Regeln – vor allem auf dem C-Level, also bei der Spezies CEO, CFO, CTO und so weiter. „Das läuft dann fast nur noch über Netzwerke und Headhunter“, erklärt Witzer. Wer sich für solche Aufgaben empfehlen will, braucht also eher keine Bewerbungsunterlagen mehr – sondern Kontakte und Sichtbarkeit, unter anderem auf Konferenzen. „Was sie dann fachlich gemacht haben, ist eigentlich egal“, sagt Witzer. Stattdessen geht es um die Persönlichkeit, um Beziehungen – und um die Vision von der Zukunft des Unternehmens. (dpa/tmn)
© Alle Rechte vorbehalten